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Die Inneren und sozialen Verhältnisse des Ortes PDF Drucken E-Mail

1808
In diesem Jahre wird für die Gemeinde Ungedanken von dem Rectificator Heise das Lager-, Stück- und Steuer-Buch von der Dorfschaft Ungedanken, Amt Fritzlar, Fürstentum Fritzlar, aufgestellt. Es ist für die Geschichte von Ungedanken besonders wertvoll, da es über die inneren Verhältnisse und den sozialen Stand des Ortes weitgehenden Aufschluß gibt.

§ 1 - Possessions-Stand (Besitz-Stand):
Die Dorfschaft Ungedanken, welche vorher dem Stifte St. Petri gehörte, vor einigen Jahren aber durch Säkularisation des gedachten Stifts an Hessen gekommen ist, und worin dem Stifte die Untergerichtsbarkeit, dem Kurfürsten von Mainz aber die Obergerichtsbarkeit nebst allen anderen Hoheitsrechten zustand, comptiert gegenwärtig in Ansehung der Ober- und Untergerichtsbarkeit dem Hause Hessen-Cassel allein und wird nunmehr zum Amte Fritzlar gerechnet.

§ 2 - Situation der Dorfschaft:
Dasselbe liegt 7 kleine Stunden von der Residenzstadt Cassel, eine Stunde von der Stadt Fritzlar und ebenso weit von der Fürstlich Waldeckischen Stadt Wildungen, an dem Ederfluß, westlich am Fuß des sogenannten Bürberges am Ausgange eines von Rothhelmshausen herablaufenden Tales, und ist besonders gegen Morgen und Mittag mit ziemlich steilen Bergen umgeben, wie denn auch der größte Teil seiner Feldmark auf eben diesen Bergen gelegen ist. Die Feldmark von Ungedanken grenzt gegen Morgen an die Stadt Fritzlar und deren Gemarkung, gegen Mittag an das zum Amt Fritzlar gehörige Dorf Rothhelmshausen, gegen Abend an den Fritzlarschen Stadtwald und das Waldeckische Dorf Mandern, und gegen Mitternacht teils an die Mandernsche, teils an die Geismarsche Feldmark.

§ 3 - Entstehung des Ortes:
Von dem Ursprung und von der Entwicklung des Ortes hat man keine zuverlässigen Nachrichten. Nach einem im Jahre 1335 erlassenen päpstlichen Ablaßbrief wird Ungedanken als eines aus einigen einzelnen Höfen bestehenden Ortes gedacht, der sich durch Zerstörung eines nicht weit davon gelegenen Dorfes Holzheim vermehrt haben mag.

§ 4 - Bäche und Brunnen:
Fließet der sogenannte Ruppenbach und Ostenbach durch das Dorf. Beide Bäche entspringen in dem Fritzlarer Walde und zwar der Ruppenbach oberhalb Rothhelmshausen und der Ostenbach in dem Thale zwischen dem Mittelberge und der Winterseite, welches daher auch im Ostenbache genannt wird. Beide vereinigen sich mitten im Dorfe und ergießen sich außerhalb des Dorfes in die Eder.
Außer dem Gemeindebrunnen, welcher aber dermahlen ganz verfallen ist, befinder sich nur ein einziger Brunnen in des Schutzjuden Leib Garten, dessen Wasser aber nicht ganz helle ist. Es fehlt daher sehr an gutem Wasser und die Einwohner müssen sich des durch das Dorf fließenden Bachwassers bedienen.

§ 5 - Fischerei:
Die Fischerei, welche sich in der Eder von der Manderschen Grenze bis am Wald bei Fritzlar erstreckt, gehört dem Stifte zu Fritzlar, nunmehro gnädigster Herrschaft, und ist dermalen dem hiesigen Einwohner Philipp Siebert um und für 16 Reichsthaler verpachtet und besonders durch die guten Hechte, welche darin gefangen werden, bekannt. Den Krebsfang in dem Ostenbach hat dermalen der Stiftsrentmeister Commissionsrath Goeßmann zu Fritzlar in partem salarii zu exerciren.

§ 6 - Passage:
Durch dieses Dorf geht keine ordinaere Post- oder Heerstraße und außer denen, so von Fritzlar kommen und nach Wildungen und Mandern gehen, gehet nicht die geringste Passage durch dieses Dorf.

§ 7 - Herrschaftlich und adelig freye Güther:
Deren befinden sich weiter keine hier als die herrschaftliche Waldung der Bürberg, gemessen von 112 1/4 Acker 2 1/2 Ruthen.

§ 8 - Kirche und jus patronatus:
Es befindet sich dahier eine Kirche, wovon die Dorfschaft Rothhelmshausen Filial ist. Diese Kirche ist 1301 unter dem Mainzer Erzbischof Gerlach eingeweihet worden; es ist aber von dem ehemaligen Bau nur noch der ziemlich baufällig Turm übrig, der in dem unteren Theile zugleich den Chor und Altar in sich faßt. Die eigentliche Kirche oder das sogenannte Schiff ist neu gebaut und der Bau (1732) angefangen und 1743 vollendet worden. Die Kirche ist gut gebaut und geräumig, wegen der Lage vor Feuersgefahr gesichert, aber schlecht unterhalten und mit keiner Orgel versehen, welche recht gut angelegt werden könnte, wenn nur die Gemeinde im Stande wäre, die hierzu nöthigen Kosten zu bestreiten.
Das jus patronatus hatte bisher der zeitige Scholaster des St. Petristifts zu Fritzlar, nunmehr aber nach der Säkularisation des Stifts competirt die Einsetzung des Pfarrers gnädigste Herrschaft. Sodann befindet sich in der Ungedankener Gemarkung noch eine Kirche auf dem Bürberge, wo die Gemeinden Ungedanken und Rothhelmshausen ihren Begräbnisort haben. Die Kirche ist unstreitig die älteste in ganz Hessen und hat den Bonifatius zum Stifter, welcher hier, nachdem er die berühmte Donareiche der Katten bei Dorf Geismar zerstört hatte, die erste christliche Kirche und mit ihr zugleich ein Bistum gründete, welches aber nicht lange gedauert hat, sondern nach Herfurt verlegt wurde. (Dieser Bericht entspricht nicht den Tatsachen: vgl. die vorhergehenden Nachrichten). Indessen aber wurden mehrere Klöster angelegt, worunter das Benediktinerkloster Fritzlar eines der vorzüglichsten war, welches aber nacher in ein weltliches Stift verwandelt wurde und bis zu seiner Säkularisation im Jahre 1803 bestanden hat.

§ 9 - Kirchen- und freye Kastengüther:
Deren befinden sich daher weiter keine als die Kirche im Dorfe und der dabey gelegene Todtenhof ad 7/16 Acker, sodann die Kirche nebst Todtenhof auf dem Büraberge ad 1 5/16 Acker 5 3/4 Ruthen.

§ 10 - Hospitalia, Legate, milde Stiftungen:
Ein Hospital ist nicht allhier. Der letztverstorbene Domscholaster Vogelius zu Fritzlar hat aber vor einigen Jahren an die Kirche auf dem Bürberge das Legat von 100 Reichsthalern vermacht, wovon die Interessen (Zinsen) alljährlich zu innerlichen und äußerlichen kleinen Reparaturen verwandt werden sollen, das die eigentliche Unterhaltung der Kirchengebäude der Stifsfabrik oblag, welche auch bisher dafür gesorgt hat.

§ 11 - Pfarrhaus, Güther und Accidentien:
Ein Pfarrhaus befindet sich nicht allhier, sondern die zeitherigen Pfarrer haben immer in Fritzlar gewohnt und waren zugleich Stifts-Vicarii. Ehemals war das Pfarrhaus bey der Kirche auf dem Bürberge, wo dasselbe noch 1344 existiert haben soll. Indessen hat jetzt ein zeitiger Pfarrer, der in Fritzlar wohnen muß, blos zu seinem Aufenthalt während oder vielmehr vor und nach seinen Verrichtungen in Ungedanken ein eigenes Zimmer im Schulhause, das von der Gemeinde unterhalten wird.
Ein zeitiger Pfarrer in Ungedanken hat von der dasigen Gemeinde und dem Filial Rothhelmshausen als Besoldung zu genießen
A) Ständig:
1. 40 1/2 Acker 2 1/2 Ruthen Land und Triesch
3/8 Acker 8 Ruthen Wiese und
4 Acker 5 1/2 Ruthen Wüstes, in Summa
45 3/16 Acker 6 5/8 Ruthen, welches Land sämtlich bey der Kirche auf dem Bürberge liegt, aber theils wegen des unfruchtbaren und steinigten Bodens, theils auch wegen des angrenzenden Waldes und daher entstehender Verschattung und Eingreifen des Holzes demselben wenig oder gar keinen Vortheil bringt.
2. einen kleinen Zehnten jenseits des Bürberges, welcher an Werth ein Jahr nichts, das andere 10 Helle und im 3. Jahr 18 - 20 Reichsthaler einbringt.
3. 20 Rtlr. Entschädigung vom St. Petristift für den sonst dem Pfarrer zugestandenen freyen Holzgebrauch aus der Bürberger Waldung, die aber jetzt unter dem Geldanschlag der zur Pfarrei gehörigen Vikarie oder Beneficii Sti. Martini begriffen sind.
4. 9 Viertel partim von den Holzheimer Hufen in der Fritzlarer Gemarkung.
5. Ungefährt 130 Rtlr. Kapitalzinsen von gestifteten Legaten, Messen etc.
6. 6 Wagen Buschholz von Ungedanken und einen dito von Rothhelmshausen.
B.) An gewöhnlichen Accidentien:
1. Vom Aussegnen einer Kindbetterin 1/2 Kopfstück.
2. Von einer Copulation und Proclamation 1 Rtlr. nebst einem Schnupftuch.
3. Von einem Begräbniß auf dem Bürberge von einem Erwachsenen mit der gewöhnlichen Leichenrede 1 Rtlr., von Kindern die Hälfte.
4. Vom Taufen, Krankenbesuchen wird nichts bezahlt.

§ 12 - Schulhauß, Güther, Besoldung und Accidentien:
Ein Schulhaus a 7 Ruthen ist daher befindlich, welches der Gemeinde zustehet und von einem jedesmaligen Schullehrer bewohnt wird, welches hiesige Gemeinde zu 3/4 und das Filial Rothhelmshausen zu 1/4 in Bau und Besserung erhalten müßen und hat dabey
1. Von Feldgüthern
a) 1/4 Acker 5 Ruthen das Schulland genannt.
b) 1/8 Acker 6 1/4 Ruthen Garten hinter Jägers Hause
c)  -   Acker 3 1/2 Ruthen Garten beim Schulhaus, von der Gemeinde als pars salarii zu benutzen.
2. An fixer Besoldung
a) von jedem Gemeindsmann jährlich 2 Metzen Korn und 2 Gutegroschen an Geld.
b) aus der Stifts-Rentherey in Fritzlar jährlich ein Viertel Korn Fritzlarer Maas.
c) den Genuß der Gemeinds-Rechte.
3. Von Accidentien
a) von einer Kindtaufe 2 Albus
b) vom Aussegnen einer Kindbetterin 1 Albus.
c) von einem Begräbniß 2 Gutegroschen und wenn dabey geläutet wird, noch ein Laib Brot.
d) ist es Observanz, daß derselbe von jedem Kinde, wenn dessen Eltern es vermögen, zur Fastnacht eine Wurst, sowie zu Neujahr etwas zum Kochen und Hülsenfrüchte bekommt.

§13- Mineralia:

Deren werden hier keine gegraben und sind desfalls auch noch keine Versuche gemacht worden.

§ 14 - Gemeindsnutzungen und Gebräuche:
Die der hiesigen Gemeinde zustehenden Gesamtnutzungen und Gebräuche bestehen in

 1.
 einem Schul-und einem Hirtenhaus
 - Acker
13 1/2 
 Ruthen
 2. einem Arrestantenhaus - Acker
 2 1/2
 Ruthen
 3. einem Hirtenacker
 - Acker
 7 Ruthen
 4. Gemeindeochsenacker1 3/4 Acker 
 2 1/8
 Ruthen
 5. Wiese im Unterfeld an der Edder
 3 3/16 Acker
 2    Ruthen
 6. Hirtenwiese daselbst
 1/4 Acker
 1 1/2
 Ruthen
 7. Hirtenwiese vor dem Mittelberge
 1 7/16 Acker
 2 Ruthen
 8. Hirtengarten im Kirchfeld
 1/16 Acker
 3 Ruthen
 9. Gemeindsbaumschule 1/8 Acker
 3 Ruthen
10. Schulland 1/4 Acker
 5 Ruthen
11.
 Schulgarten 3/16 Acker
 3/8
 Ruthen
12.
 Waldung 541 3/8 Acker
 6 7/8
 Ruthen
13.
 Triescher und Wege
 127 11/16 Acker
 4 5/8
 Ruthen

14. in der Brau-, Schäferey-, Hude- und Weydegerechtigkeiten, welche unter ihren Rubricken näher beschrieben werden. Alle erforderlichen Gemeindeausgaben und Anlagen müssen folglich, da die Gemeinde keine hinlänglichen Revenuen (Einkünfte) hat, die dazu angewendet werden können, von der Nachbarschaft nach dem Contributionsfuß erhoben und darüber von den Gelderhebern Rechnung geführt werden.

§ 15 - Activ- und Passivschulden der Gemeinde:
Activa hat die Gemeinde nicht, an passiva aber ... Rthr. und
so viel die singuli betreffen, sind dieselben größtenteils sehr mit Schulden beladen.

§ 16 - Bau- und Brennholz:
Die hiesigen Einwohner beziehen ihr Bau- und Brennholz theils aus den Gemeindswaldungen, theils müssen sie dasselbe aus dem Waldeckischen ankaufen.

§ 17 - Waldung und Mäste:
Wie in vorigen Paragraphen bereits erwähnt worden, ist die Gemeinde mit eigenthümlichen hohen Waldungen versehen, worinnen, wenn die Mäste geräthet, die Einwohner ihre Schweine treiben. Zuweilen haben dieselben auch, um ihre Schweine desto besser fett zu machen, die Mäste im Stiftsmodo herrschaftlichen Walde und bezahlen dafür gewöhnlich 3 - 4 Reichsthaler.

§ 18 - Hude-und Weyde-Gerechtigkeit:
Diese hat die Gemeinde in ihrer gesamten Feldmark mit dem Rindvieh, Schafen und Schweinen zu exerciren, ausgenommen auf der gelben Seiten, wo die Gemeinde Rothhelmshausen und auf der Wickehecke die Stadt Fritzlar, dagegen aber die hiesige Gemeinde auf dem Fritzlarschen Stadtwalde die Mithude-Gerechtigkeit hat. Die Hude fällt aber.weil die Districte größtenteils einen mageren sandigen Boden haben, ziemlich gering und schlecht aus und ist die Rindviehzucht nicht die beste dahier. Es bestehen aber die Viehherden dermalen aus:
14 Pferden, 29 Ochsen, 29 Kühen außer den Rindern 365 Stück Schafen.

§ 19 - Schaeferey-Gerechtigkeit:
Mit der Schäferey-Gerechtigkeit ist die Gemeinde versehen und hält auch einen 365 Stück starken Haufen Schaafe, welche in 3 Pfirche eingeteilt sind. Auch hat ein zeitiger Pfarrer das Recht, die Schäferey zu exerciren (üben).

§ 20 - Brau- Gerechtigkeit:
Dieser Ort ist von altersher mit der Braugerechtigkeit versehen gewesen und wird solche von den 36 Gemeindsnachbarn dergestalt exerciert, daß einer nach dem anderen, Reihe um, die Befugnis zu brauen hat, und muß der eine solange mit dem Verzapfen des Biers einhalten, bis der andere damit fertig ist. Da aber die Gemeinde kein eigenes Brauhaus hat, so brauen die Brauleute und die dazu Berechtigten in ihren eigenen Häusern, wodurch es dann kommt, daß sehr schlechtes, ja kaum trinkbares Bier gebraut wird.

§ 21 - Erbauung, Werth und Miethe der Häuser:
Erbauung: Die Häuser hierselbst sind zum kleinsten Theil gut, zum Theil mittelmäßig, größtenteils aber schlecht und mit Stroh bedeckt und so eingerichtet, daß Haus, Scheune und Stallung unter einem Dache sind, und es ist ein großer Theil der Gebäude in einem schlechten baulichen Zustande. Die Baukosten möchten sich wohl, in Absicht, daß die Einwohner das benöthigte Bauholz nicht ganz aus ihren Gemeinds- oder herrschaftlichen Waldungen bekommen, von einem der bessten auf 600 Reichsthaler - der mittelmäßigen auf 350 Reichsthaler - der schlechten auf 200 Reichsthaler
belaufen und eins der besten 230 Reichsthaler - mittelmäßigen 160 Reichsthaler und schlechten 45 Reichsthaler zum Verkauf wohl werth.
Zum Vermiethen findet sich daher, weil es keine Beisitzer giebt, keine Gelegenheit.

§ 22 - Anzahl der Häuser und derer darin befindlichen Menschen:
Diese Dorfschaft bestehet aus 39 Häusern, so denen singulis zustehen, sodann in 1 Gemeindshirten, 1 Gemeindsarrestanten und 1 freyen Schulhaus, daß sich also die ganze Anzahl auf 42 wohnbare Häuser oder Feuerstätten nebst 2 wüsten Hausplätzen beläuft. Davon wohnen, so wirklich in loco (am Orte) sind:
35 Männer, 37 Weiber, 60 Söhne, 56 Töchter, 4 Knechte, 6 Mägde, in Summa 198 Menschen.

§ 23 - Handthierung und Gewerbe:
Unter sothaner Anzahl Menschen finden sich
1. an Handthierungs und Gewerbe treibenden Personen:
1 Wagner, 1 Schmied, 3 Leinenweber, 1 Schuhmacher, 1 Schneider, 1 Maurer, 6 Handel treibende Juden.
2. In herrschaftlichen Diensten findet sich niemand als: 1 Forstläufer, 1 Grebe (Bürgermeister), 1 Zöllner.
3. In Gemeindediensten: 1 Gelderheber, 1 Schullehrer, 1 Vorsteher, 1 Dorfdiener, 1 Kuhhirt, 1 Schweinehirt, 3 Schäfer.

§ 24 - Mühlen:
Dermalen ist deren keine hier vorhanden. In des Philipp Sieberts Hause ist zwar eine Mühle angebracht gewesen, dieselbe ist aber aus Mangel an Wasser eingegangen. Wiewohl dem Eigenthümer das Recht bleibt,
solche wieder anzulegen.

§ 25 - Wirtschaft, deren Consumtion und Branntweinblasen:
Es werden hierselbst, da durch hiesiges Dorf nicht die geringste Passage geht, keine Wirtschaften gehalten. Die Branntweinschenkgerechtigkeit hat aber das St. Petristift zu Fritzlar modo gnädigste Herrschaft allhier hergebracht und diese Schenke gegenwärtig einem Juden namens Nathan Moses verpachtet, welcher sich hier ein Zäpfer hält, dem er den Branntwein vorlegt, welcher aber öfters so schlecht ist, daß es zu wünschen wäre, daß den Betrügereien des Juden ein Ende gemacht würde. Das Herbergiren der Fremden stehet allein nach der Observanz (Gewohnheitsrecht) demjenigen zu, welcher just den Bierzapfen hat. Branntwein ist dahier noch vor einigen Jahren gebrannt worden, gegenwärtig finden sich aber keine Blasen hier, weil von der neuen Verordnung, kraft deren nur 1 Einwohner, so 100 Acker Land besitzt, Branntwein brennen darf, kein Einwohner Gebrauch machen kann.

§ 26 - Situation des Feldes und deren innerliche Beschaffenheit:
Die Feldmark dieser Dorfschaft liegt fast durchgängig uneben und bergigt, ist fast größtenteils von Waldungen umgeben, ausgenommen nach der Mandernschein Grenze, wo das Feld offen und sommerisch liegt. Da die bestellbaren Landereyen größtenteils an Bergen liegen, weiche mit Wald bewachsen sind, so leiden solche nicht nur sehr durch die Beschattung, sondern auch durch die herabstürzenden Wasser, welche allenthalben tiefe Fluthgräben gerissen haben. Der beste Strich liegt zwischen der Edder und dem Bierberge in einer ganz egalen Lage, hat einen gelben sandgen Boden und bringt vorzüglich gute Winterfrucht hervor, kann auch nur allein besommert werden. Links dieser Lage steigts aber ziemlich steil bergan, wo das Land blos terrassenartig cul-tivirt werden kann. Der Boden besteht aus einer roten Leimenerde mit vielen Steinen und Sand untermischt, welches fast der Boden der ganzen übrigen Feldmark ist. Die zwischen dem Lande liegenden Raine werden nothdürftig als Wiese benutzt. Von da ziehts sich wieder am Walde hinunter bis in den Grund, bis an den sogenannten Ostenbach. Diese Lage ist ebenfalls abhängig und leidet am meisten von der Beschaffung und Regengüssen und liefert größtentheils nur Hafer. Vom Ostenbach steigts wieder herauf bis an den rothen Weg, wo auf der Höhe die Mandernsche Feldmark ihren Anfang nimmt. Dieser Strich hat rothen leimenartigen Boden mit vielen Steinen und Graud untermischt, ist im Grunde zu naß und auf der Höhe zu spröde. Tiefe Flutgraben reißen öfters ganze Stücke Land mit sich weg. Rechts am Dorfe und zwischen der Edder liegen noch einige Stücke, welche zu den guten gerechnet werden können.

§ 27 - Qualitas moralis:
Die hiesigen Güther bestehen blos aus Hufengüthern und Erbländereien.

§ 28 - Casus fortuiti:
Diese Feldmark leidet nicht nur wegen der abhängigen Lage sehr von Platzregen und Regengüssen, sondern die Edder tut auch an denen daran gelegenen Landereyen und Wiesen sowohl durch Überschwemmung, welche Sand und Kies hinterläßt, als auch durch Wegschwemmung, großen Schaden.

§ 29 - Cultur und Güther:
In Ansehung des Pflügens ist die Cultur eben nicht sonderlich beschwerlich, was aber das Ein- und Ausfahren betrifft, so ist dieses wegen der jähen Lage der meisten Landereyen sehr beschwerlich und werden vor einen Pflug gespannt gewöhnlich 2 Pferde oder 2 Ochsen.

§ 30 - Frucht, Aussaat und Erndte, wie auch Werth und Miethe der Landereyen:
Im Winterfeld werden gewöhnlich 5 und im Sommerfeld 6 Metzen auf 1 Acker ausgesät, und ist der Ertrag nach Angabe der Taxatoren folgendergestalt:

Im Winterfelde

  Korn  Waizen 
 In der 1. Classe             
 1 Viertel 
  8 M.          
 1 Viertel 
4 Metzen
 In der 2. Classe
 1 Viertel
  6 M.
 1 Viertel
 
 In der 3. Classe
 1 Viertel
  4 M.
  
 In der 4. Classe
 1 Viertel
   
 In der 5. Classe
 14 M.
  
 In der 6. Classe 12 M
  
 In der 7. Classe
 10 M.
  
 In der 8. Classe  8 M.
  
 In der 9. Classe
  5 M.
  

Im Sommerfelde

  Gerste  Hafer 
 In der 1. Classe             
 1 Viertel 
  8 M.          
  
 In der 2. Classe
 1 Viertel
    
 In der 3. Classe
    1 Viertel
 4 Metzen
 In der 4. Classe
   1 Viertel
 
 In der 5. Classe
   1 Viertel
 
 In der 6. Classe   12 Metzen
 In der 7. Classe
   10 Metzen
 In der 8. Classe    8 Metzen

und deren Werth und Miethe eines Ackers folgendermaßen angegeben:

 In der
 Werth  Miethe 
 1. Classe                      
  40  
 Rtl.                           
 2   
 Rtl.
 2. Classe
  35 Rtl.  1 3/4
 Rtl.
 3. Classe
  30 Rtl.  1 1/2  Rtl.
 4. Classe
  20 Rtl. 1  Rtl.
 5. Classe
  15 Rtl.    3/4  Rtl.
 6. Classe  10 Rtl.    1/2
 Rtl.
 7. Classe
   5 Rtl.    1/4
 Rtl.
 8. Classe   1 Rtl.    1/4
 Rtl.
   1/4 Rtl.    1/4
 Rtl.


§ 31 - Wiesenwachs, wie auch Werth und Miethe desselben. Item Pretium eines Centners Heu und Grummet
Die besten Wiesen liegen unterhalb des Bürberges, welche eine guten, sandigen Boden haben und den Ländern der 1. Classe verglichen werden können. Die übrigen liegen fast alle in den Waldgründen und unter den Feldern zerstreut und haben einen thonigten und mehrentheils einen sumpfigen und moorigen Boden. Die Erndte davon ist folgendermaßen angegeben:

 In der
 Heu  Grummet
 1. Classe                            
  10  
    5   
 2. Classe                    
    8                               4
 3. Classe
    6  3
 4. Classe
    4 2
 5. Classe
    3    
 6. Classe    2   
 7. Classe
    1   

 

 und in der
 Werth und Miethe 
 1. Classe                      
  50
 Rtl.                           
 2 1/2  
 Rtl.
 2. Classe
  40 Rtl.  2
 Rtl.
 3. Classe
  30 Rtl.  1 1/2  Rtl.
 4. Classe
  20 Rtl. 1  Rtl.
 5. Classe
  15 Rtl.    3/4  Rtl.
 6. Classe  10 Rtl.    1/2
 Rtl.
 7. Classe
   5 Rtl.    1/4
 Rtl.


§ 32 - Graenz-Beschreibung:
Die Gränze nimmt ihren Anfang mitten auf dem Wege von Fritzlar nach Ungedanken unterhalb des Bürberges, woselbst ein Kreuz auf einer kleinen Erhöhung steht, welches der Gränzpunkt zwischen Fritzlar und Ungedanken ist, zieht sich alsdan linker Hand in die Höhe an Johannes Fuhrmanns und dem Pfarrtriesch her, geht über diesen her und dem daran anstoße' den Theil des Waldes vom Bürberge zwischen Martin Wiekes Wiese und der Fritzlarer Gränze bis zu dem Gränzstein "Am Langenstein" genannt, von da den Weg hinauf grade über Jeremias Eichlers Land bis auf Johannes Franzen Acker und dem daselbst befindlichen Stein an Andreas Bachen Wiese her um den sogenannten Ruppenberg herum bis an die Rothheim häuser Gränze, woselbst ein Gränzstein sich befindet, von diesem über eine kleine Ecke Land des Ricus Jäger und am Ungedankener Walde, die gelbe Seite genannt, bey den krummen Bäumen vorbey bis an die Stadt Fritzlarsche Waldung, der Leerkönig genannt, wendet sich dann rechts in gerader Richtu am Fritzlarer Walde her bis an Andreas Bachen Wiese, hinter welcher der Ostenbach herfließt, von dieser und Johannes Giebels Wiese macht der obengedachte Ostenbach die Gränze, bis an Johannes Papst Wiese, welche eine Spitze in den Fritzlarer Stadtwald macht, woselbst zwey Gränzsteine sich befinden, stößt an Johannes Bachen und Dietrich Eichenbergs Trischer her, auf Philipp Sieberts Land, wo ein Gränzstein sich befindet, welcher die Richtung auf des Andreas Bachen Land hat. Von da nimmt solche (Gränze) die Richtung nach dem auf Nicolaus Jägers und Consorten (Genossen) Triesch befindlichen Gränzstein, geht von diesem unter Emanuel Franz und Martin Wicke über die Spitze des letzteren Land, weiter quer über die Spitze des Johannes Fuhrmann Land auf den daselbst befindlichen Gränzstein, immer an der Mandernschen Feldmark her, quer über Nicolaus Jägers Land auf die Spitze des Dietrich Wicken Land und den daselbst befindliche Gränzstein, zieht sich alsdann am Ostenbacher Felde hinweg bis auf den Gränzstein auf Martin Wickens Land, von diesem bis zu dem auf Johann Fuhrmanns Land, von diesem quer über Johannes Papst Land auf den daselbst befindlichen Gränzstein. Von diesem läuft solche am Gemeinds-Triesch und Emanuel Orths Witwe Land durch den Fahrweg über des Henrich Palz von Mandern Land und über die Spitze des Johannes Degenhard Land bis zum Gränzstein, ferner unter dem Gemeindstriesch hinweg bis an Samuel Orts relicta (Witwe) Land, von diesem unter den Ländern hinweg bis an Nicolaus Jägers Land quer über dies, sowie über Fuhrmanns und Orths Länder jenseits um den Gemeindshuderaasen herum wieder Uber die Edder herüber an Gemeindsländereien her bis an den Weg auf den herrschaftlichen Wald, der Bürberg, unter diesem hinweg bis an oben gedachtes Kreuz, wo der Anfang gemacht worden.

§ 33 - Frucht-Gemaes:
Man bedient sich hier des Fritzlarer Frucht Maases, wovon auf 1 Casseler Viertel 17 3/4 Metzen gerechnet werden.

§ 34 - Zinsen:
Diese haften auf den singulis zustehenden Gütern und bestehen im folgenden
1. in die Rentherey Fritzlar
a) Dienstgeld 9 Rtlr. 21 Albus   9 Heller
b) an stand.Zinsen 3  Rtlr.   5 Albus
c) an stand.Federvieh 4 Gänse, 19 Hühner,62 Hahnen
d) an stand.Früchten        23 Viertel Korn und 23 Viertel Hafer
2. ad massam pauperum
an ständiger Frucht 1 Viertel 8 Metzen Korn und 1 Viertel 8 Metzen Hafer
3. ad cameram plebanorum an ständigen Zinsen 8 Albus
4. an die Pfarrei Fritzlar
an ständigen Zinsen 6 Albus
5. an die Schule zu Ungedanken
a) an ständigen Zinsen 3 Rtlr. 16 Albus
b) an ständigen Früchten 5 Viertel 4 Metzen
6. an den Commissionsrath Praetoriuszu Carlshafen
2 Metzen Korn und 2 Metzen Hafer
7. an den Kirchen-Kasten zu Dorf Geismar 2 Albus Zinsen
8. an die dortige Gemeinde
1 Rtlr. 17 Albus Zinsen
9. an die Pfarrei daselbst
a) ständige Zinsen 24 Albus
b) ständiges Federvieh 2 Hahnen
c) ständige Früchte 8 Metzen
10. an den Kirchenkasten daselbst an Zinsen 1 Rtlr. 3 Albus
daß also die Totalsumme in 9 Rtlr. 21 Albus 9 Heller Dienstgeld 10 Rtlr. 31 Albus stand. Geldzins
4 Gänse 19 Hühner 64 Hahnen 29 Viertel 19 Metzen Korn
24 Viertel 10 Metzen Hafer Fritzl. Maas st. Zinsfrüchte
8 Metzen unständiger Zinsfrüchte besteht.

§ 35 - Zehnten:
Der größte Theil der hiesigen Landereyen ist zehntbar und zwar
1. gnädigster Herrschaft
2. der Gemeinde Geismar mit der 11. Garbe
3. der Gemeinde Mandern
4. dem Pfarrer zu Fritzlar mit der 10. Garbe
5. das übrige ist zehntfrey.
Ferner hat gnädigste Herrschaft auch den Flachs- und Lämmerzehnten zu beziehen, welcher letzterer aber nicht in natura gezogen, sondern von jedem Stück 2 Albus bezahlt wird.

§ 36 - Dienste:
Die Gemeinde mußte sonst den Stiftsgeistlichen Bestallungsholz im Stiftswalde hauen und nach Haus fahren. Seit der Säkularisation des Stifts geschieht dies aber nicht mehr, sondern sie gibt dafür jährlich an die Rentherey Fritzlar 9 Rtlr. 21 Albus 9 Heller Dienstgeld (Abgelöst am 17. Februar 1852, es waren 9 1/3 und 1 1/2 Fuhren).
Für den jedemaligen Stifts-Rentmeister müssen jedoch noch 12 Wagen Holz nach Fritzlar gefahren werden, welches von 6 Gemeinds-Nachbarn geschieht, welche zu dem Dienstgeld nichts beytragen.
Außerdem müssen auch noch die nöthigen Fahr- und Handdienste beim Kirchen- und Schulbau sowie zum Wasserbau an der Edder geleistet werden.

§ 37 - Heerwagen:
D
erer werden hier keine gestellt.

§ 38 - Servitut (Dienstbarkeit:
Die hiesigen Einwohner befinden sich nicht in der Leibeigenschaft.

 

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