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Siebenjähriger Krieg PDF Drucken E-Mail

1756 - 1763
Die beschauliche Ruhe, die nach den schweren Zeiten des 30jährigen Krieges in Ungedanken wieder eingekehrt ist, die nach der unglückseligen Rebellion gegen das Stift Fritzlar in allen Häusern des Ederdorfes wieder heimisch geworden ist, sollte nicht mehr lange andauern.
Man schreibt das Jahr 1756. Schon lange hat eine fieberhafte diplomatische Tätigkeit an den Höfen in Österreich und Schweden, Rußland und Frankreich, in Sachsen und in vielen kleinen deutschen Staaten geheime Fäden gesponnen. Alles zielt darauf ab, einen Staat zu vernichten, der durch zähe Aufbauarbeit und gewonnene Kriege eine beachtenswerte europäische Stellung erworben hat: Preußen.
Und dieses Preußen regiert der beste aller seiner Könige. Vergebens bemüht sich Friedrich II., jede kriegerische Entwicklung zu vermeiden und "Vorschläge zur Vermittlung anzuhören".
Frankreich spielt dabei ein seltsames Spiel. Wohl ist ihm das Haus Habsburg ein alter Erbfeind. Aber hier liegen die Dinge so, daß es sich Österreich anschließen muß, denn koloniale Streitigkeiten in Nordamerika haben Frankreich in Gegnerschaft zu England gebracht. So böte jetzt ein Festlandkrieg, so argumentiert man, die beste Gelegenheit, England empfindlich zu treffen. Und zwar durch eine Eroberung Hannovers, das mit England in Personalunion verbunden ist. Der englische König ist zugleich Kurfürst von Hannover.
Das Ziel Frankreichs ist klar: Demütigung Englands durch die Niederwerfung Hannovers. Der hannoversche Staat aber hat mit Preußen einen Vertrag zu gegenseitiger Hilfeleistung abgeschlossen.
Der Gegensatz zwischen Frankreich und England auf der einen Seite, das Bündnis Hannovers mit Preußen auf der anderen Seite machen auch das Hessenland mit den in ihm eingeschlossenen Mainzer Enklaven zum Kriegsschauplatz in dem nunmehr einsetzenden siebenjährigen Ringen.
Die österreichische Kaiserin Maria Theresia hetzt das halbe Europa gegen den Preußenkönig und sein tapferes Volk. Friedrich II. weiß, daß der Ausbruch des Krieges bevorsteht und sagt offen: "Ich habe keine ehrgeizigen Pläne, noch begehrliche Wünsche. Ich treffe nur gerechte Maßnahmen für meine Sicherheit und Unabhängigkeit." Und er marschiert an der Spitze seiner Truppen.
Der Krieg ist da.
AltertumDer Preußenkönig hat auf dem östlichen und südlichen Kriegsschauplatz alle Hände voll zu tun. Da muß er den westlichen, der sich über das Münster-, Paderborner- und Hessenland erstreckt, schon seinen Verbündeten überlassen. Herzog Ferdinand von Braunschweig ist Oberbefehlshaber dieser alliierten Armee, die im Westen die Angriffe Frankreichs auf Hannover abzuwehren hat. Diese alliierte Armee besteht aus Engländern, Hannoveranern und Soldaten der deutschen Staaten Hessen-Kassel, Schaumburg-Lippe, Braunschweig und Gotha, die sich auf Friedrichs Seite geschlagen haben. So sind um Ungedanken dunkle Kriegswolken aufgestiegen, die sich als vernichtende Ungewitter über die Gegend zu entladen drohen. Im "Gasthaus zur Stadt Mainz" in der Münstergasse zu Fritzlar, wo viele Ungedankener verkehren, hält man besorgt Ausschau nach einem Lichtstreifen, der das düstere Gewölk durchbrechen möge. Hatten die Schwarzseher recht, die seit dem Erdbeben im Februar eine schwere Zeit und einen verderblichen; Krieg prophezeiten? Fritzlar lag zwischen Ziegenhain und Kassel, zwei Waffenplätzen, die für Freund und Feind gleich wertvoll sind. Wichtige Heerstraßen durchqueren, so argumentiert man, das Hessenland, unermeßlich in ihrer Bedeutung für die Franzosen und für die Alliierten. Zahlreiche Verbindungsstraßen zum Rhein, nach Paderborn, Warburg, Kassel und Marburg.
Landesherr für die Mainzische Enklave Fritzlar mit Ungedanken und Rothhelmshausen ist Johannes Friedrich Carl von Ostheim, Kurfürst und Erzbischof von Mainz, ein gewissenhafter, Gerechtigkeit liebender Landesvater und Gönner der Künste und Wissenschaften. Von beiden kriegführenden Parteien umworben, schützt er anfangs Neutralität vor, gestattet aber den Franzosen freien Durchmarsch durch sein Land. Dadurch kommt die Enklave Fritzlar in eine schwierige Lage, denn sie ist rings von Hessen umgeben, das auf Seiten der Alliierten steht. Ungedanken ist in diesen Tagen und Monaten erfüllt von jagender Unruhe, von einem Schwarm guter und schlechter Voraussagungen. In der "Stadt Mainz", wo auch einige Stiftsherren verkehren, erhält man die neuesten Nachrichten. Man weiß, daß eine 100 000 Mann starke französische Hilfsarmee über den Rhein marschiert ist und das westfälische Lippstadt im Paderborner Lande besetzt hat. Wird die schwarze Gewitterwolke weiter über Paderborn ins Hessenland rücken? Was wird mit Ungedanken und Fritzlar geschehen, wenn es von dieser oder jener Partei besetzt werden sollte? Tausend Fragen schwirren an den Stammtischen empor, aber nur wenige Antworten können eine beruhigende Antwort geben. Eigentlich weiß man überhaupt nichts.
Erst Anfang November 1757 erscheinen plötzlich 320 Mann französische Cavallerie von den Gensdarmes mit 420 Pferden in, wie es überliefert ist, der schönsten und kostbar montierten Mannschaft. Der Kommandant, Marquis de Tracy, nahm in Fritzlar mit seinem Stabe Quartier und setzte damit eine alte Tradition seit dem 30jährigen Kriege wieder fort. Man hatte die Absicht, in Fritzlar und den umliegenden Orten Winterquartiere zu nehmen und man fing an, sich häuslich einzurichten. Die königlichen Gens d'armes wurden bei den Bürgern und eine kleine Abteilung von ihnen bei einigen Ungedankener Einwohnern einquartiert. Diese mußten ihnen Betten, Holz, Stallung und andere Sachen geben.
AltertumDa diese Leute, wie ein zeitgenössischer Bericht sagt, sehr höflich sind, nimmt man diese Einquartierung nicht so tragisch und gewöhnt sich bald daran. Vor dem Fritzlarer Werkeltor bietet sich den Ungedankenern, die nach Fritzlar zum Markt wollen, am 8. November ein glanzvolles militärisches Bild, eine Truppenparade mit Musik und Fahnen. Drei Tage später rücken die Franzosen ab, kommen am 12. Januar wieder und marschieren endgültig in die Winterquartiere an den Rhein am 17. Januar.
Alle Tag neue Plag folget Kriegeszeiten nach, schreibt der Chronist zu Beginn des Kriegsjahres 1760. In Ungedanken und Fritzlar lagen in diesem Winter die Regimenter des Obristleutnants Grafen von der Schulenburg und das Regiment Röder in Quartier. Es wird hervorgehoben, daß sie gute Manneszucht hielten. Während Kassel von den Franzosen belagert und eingenommen wurde, lag in Fritzlar und Umgebung, also auch in Ungedanken eine starke Einquartierung von Hannoveranern und Engländern. Der hannoversche Obristbackmeister ließ im Laufe des Sommers in den Hospitalgärten 13 steinerne Backöfen bauen, wozu alle Fuhrleute und Männer aus dem ganzen Amt aufgeboten wurden, um an diesem großen Werk Hand anzulegen.

Das größte Heu- und Strohmagazin, das unsere Gegend je gesehen hat, wurde ebenfalls hier eingerichtet. Es diente zur Versorgung der ganzen alliierten Armee. Ungeheure Mengen mußten aus den Stifts- und umliegenden hessischen Dörfern in die Stadt gebracht werden. Im Kreuzgang der St. Petrikirche und im Kreuzgang der Minoritenkirche wurden die Vorräte bis unter die Decke gelagert. Zahlreiche Stiftshöfe und Bürgerhäuser mußten ebenfalls Platz für das Magazin bereitstellen. Die Backöfen wurden im Laufe des Sommers um fünf Stück vermehrt. Um den nötigen Brennstoff zu haben, fing man an, die Gärten zu plündern, Hecken abzureißen, Gartentüren und Ständer zu verbrennen, ja sogar Häuser und Scheunen abzureißen. Die Gemeinde Ungedanken mußte laufend Fahrzeuge zum Fahren von Holz zur Verfügung stellen.
Am 18. Mai zog die ganze alliierte Armee auf Fritzlar zu und schlug ein großes Zeltlager auf, das sich bis über Kappel hinaus erstreckte.
Es fing besonders durch die Engländer die Verwüstung an: alles Getreide, das so schön stehende liebe Korn wurde sämtlich abgemäht, alle ausgesäten lieben Feldfrüchte wurden zertreten, zerschmissen, zerrissen, in Grund und Boden vernichtet und verdorben, als wenn solche keine Gaben Gottes wären. Man fing sogleich an, ohne Unterschied alle Gärten, die Hecken, die Gartentüren, Baude und Schlösser anzureißen, zu zerbrechen und zu zerreißen, alle Tore und Türen wegzuräumen, damit alles offen, totaliter ruiniert und ein Greuel der Verwüstung würde.
Mit beweglichen Klagen fährt der Chronist, ein Fritzlarer Stiftsgeistlicher, fort: Allda konnte man bei gelagerter ganzer Armee das kaum hervorgekrochene Gras, gepflanzte Gemüse nach Wohlgefallen und Belieben wegnehmen, wie es einem nur gefällig und denen Sinnen anständig war. Und da alles zu Grunde gerichtet und zernichtet worden, die Gärten und Felder alltäglich geplündert, fing man an, die Obstbäume abzuhauen, die hin und wieder noch stehenden Gartenhäuser zum Verbrennen und mit Mutwillen nicht ohne großes Getöse niederzureißen und überhaupt jenes Unheil anzustellen, welches man sich bei einer gelagerten sämtlichen Armee, wo Menschen und Vieh leben müssen, gar leicht vorstellen kann. Die Armseligkeit aber kann sich niemand vorstellen, welche die Fritzlarer, Ungedankener und Rothhelmshausener Einwohner erlitten, da sie bei abgemähten Feldern und geplünderten Gärten nicht allein sich, sondern auch noch so viele Tausende damals und hernach Einquartierte nicht ohne besondere Gnade Gottes verköstigen müssen.
Auch das vierte Kriegsjahr in diesem für das Hessenland so unheilvollen Ringen zeichnete sich durch fortwährende Truppendurchmärsche, Einquartierungen und Kontributionen aus, die das Land bis an den Rand des Verderbens brachten.
Der 12. April brachte Bückeburgische Jäger in unser Dorf, "überaus böse Leute". Die folgenden Wochen gab es laufend Einquartierungen, bei denen den Soldaten alle Subsistenzmittel zum Lebensunterhalt gereicht werden mußten. Diese stellten dabei nicht geringe Ansprüche. Der damals so seltene Kaffee und der ebenso teure Zucker durften bei keiner Mahlzeit fehlen. Es war schwer, diese Dinge überhaupt und wenn, dann nur unter schweren Kosten zu beschaffen. Mitte Juli kamen alliierte Truppen unter dem Prinzen von Isenburg ins Quartier. Dieser befahl am 20. Juli die Stellung von 60 Wagen aus Fritzlar und Ungedanken, um die Bagage von Jesberg abzuholen. Die in Bürgerquartieren liegenden Truppen wurden noch vermehrt durch Isenburgische Dragoner und Hessen. Diese stachen auf den Unrödern ein Lager ab und bezogen es. Sie machten ihre Quartiere frei führ ein hannoversches Jägerkorps. Tags darauf zogen, nachdem das Lager und die Quartiere von den Alliierten geräumt waren, die französischen Truppen, eine ganze Armee stark, von morgens 3 Uhr bis mittags 12 Uhr hier vorbei. Die französische Armee war 16 000 Mann stark und zog nach Kassel. Montag, den 24. ist abermals ein erstaunliches Volk von Franzosen über Homberg in unsere Gegend gekommen, alle Häuser wurden wieder voll belegt mit Franzosen, im Geismarischen, Ungedankischen, Werkelischen und Zennerschen Feld hat die Reiterei fouragiert und ist nichts auf den Feldern stehen geblieben, welches zum Erbarmen war: niemand kann es sich einbilden, was es kostet, wenn man kompanieweise Einquartierung hat. Denn einer fordert dieses, der andere ein anderes, der dritte will wieder anders aufgewartet haben mit der größten Impertunität.
Den 24. ist eine merkliche Bataille (Schlacht) eine Stunde von Kassel, nämlich zu Sandern vorgefallen, bei welcher die Franzosen viktorisiert und die Deutschen unter dem Kommando des Oberge geschlagen und eine große Niederlage gewesen.



1760

Am 31. März dieses Jahres stiftet ein ungenannter Mainzer Bürger ein Kapital von 100 Gulden. Hiervon sollen die Zinsen in Höhe von 5 fl. jährlich für Wecke ausgegeben werden, die den Kindern aus Fritzlar, Ungedanken und Rothhelmshausen bei der Prozession zum Büraberg gereicht werden sollen.


Mehr Infos finden Sie hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Siebenj%C3%A4hriger_Krieg

 

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